EU-Taxonomie-Check – Hilfestellung für Wohnungsunternehmen bei der Planung und Finanzierung von Neubauvorhaben

Vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Erwartungen an nachhaltiges Handeln wurde die EU-Taxonomie-Verordnung (Taxonomie) ins Leben gerufen. Die Taxonomie stellt ein Klassifikationssystem da, das eine Reihe von nachhaltigen ökonomischen Umweltmaßnahmen für sämtliche Wirtschaftstätigkeiten, u. a. auch den Immobiliensektor, definiert.

Ziele und Inhalte der Taxonomie

Mit der Taxonomie sollen nachhaltige Investitionen privilegiert werden, um den Europäischen Green Deal umzusetzen. In der Taxonomie werden die Umweltziele Klimaschutz, Anpassung an den Klimawandel, nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser und Meeren, Übergang zur Kreislaufwirtschaft, Vermeidung und Überwachung der Luftverschmutzung sowie Schutz und Wiederherstellung der Artenvielfalt und der Ökosysteme definiert. Diese Schutzziele und die daraus resultierenden Maßnahmen sind auch für die Wohnungswirtschaft von Bedeutung, denn die Nachhaltigkeit von Gebäuden hat wesentlichen Einfluss auf die Bewertung als Finanzprodukt am Finanzierungsmarkt.

Für den Gebäudesektor werden folgende Wirtschaftstätigkeiten unterschieden:

  • Neubau
  • Renovierung bestehender Gebäude
  • Einzelmaßnahmen
  • Erwerb von und Eigentum an Gebäuden

Damit eine Wirtschaftstätigkeit nach der Taxonomie nachhaltig ist, muss folgendes erfüllt sein:

  1. Die Tätigkeit leistet einen wesentlichen Beitrag zu einem oder mehreren Umweltzielen.
  2. Keine Umweltziele werden wesentlich beeinträchtigt. (Man spricht von DNSH-Kriterien: Do No Significant Harm)
  3. Es wird ein festgelegter sozialer Mindestschutz eingehalten.
  4. Die Wirtschaftstätigkeit entspricht den technischen Bewertungskriterien.

tx chk01Abb. 1: Beispiel – Umweltziel: Klimaschutz, Wirtschaftstätigkeit: Neubau

Die Taxonomie definiert für alle Umweltziele technische Screening-Kriterien. Dies sind Schwellenwerte, die erfüllt sein müssen, damit eine Aktivität als nachhaltig ("Grün") anzusehen ist.
Nach der Taxonomie soll ein Neubau zukünftig nur dann einen wesentlichen Beitrag zur Eindämmung des Klimawandels leisten, wenn der Primärenergiebedarf des Gebäudes um mindestens 10 % unter dem Schwellenwert des jeweiligen nationalen Niedrigstenergiegebäudes liegt. In Deutschland gilt der GEG-Neubaustandard als Niedrigstenergiegebäude. Dabei ist die Anforderung an den Primärenergiebedarf abhängig von den unterschiedlichen technischen Ausführungen. In der Praxis bedeutet dies, dass ab 2023 der Effizienzhausstandard 55 unterschritten werden muss, um die Anforderungen zu erfüllen.

Qualitätssiegel Nachhaltiger Wohnungsbau ein bewährtes System für den Wohnungsneubau

Das Qualitätssiegel Nachhaltiger Wohnungsbau (NaWoh) wurde entwickelt, um die Qualität und Nachhaltigkeit neu errichteter Gebäude zu dokumentieren und zu zertifizieren. Das System eignet sich zur Anwendung als Leitfaden, als Planungshilfe und zur Unterstützung der Qualitätssicherung. Es bleibt freiwillig und ist für neue Wohngebäude gedacht. Es kann die Transparenz über die große Vielzahl notwendiger Entscheidungen und deren Ergebnisse für einen Wohnungsneubau verbessern und die Qualitätssicherung unterstützen. Innerhalb der verschiedenen auf dem Markt befindlichen Nachhaltigkeitsbewertungssysteme für Wohngebäude spezialisiert sich dieses System insbesondere auf die Handlungsmöglichkeiten von Wohnungsunternehmen als Bestandshalter. Besonderheiten sind eine ausführliche Behandlung des Bereiches Wohnqualität, das Herstellen eines methodischen Zusammenhangs zwischen Gebäudestandort und Umfeld einerseits sowie den planerischen und baulichen Reaktionen auf Standort und Umfeld andererseits, und – ganz wichtig - die Einbeziehung der ökonomischen Nachhaltigkeit zusätzlich auch aus Sicht des Bauherrn. Das System orientiert sich unmittelbar an den Bedürfnissen der wohnungswirtschaftlichen Praxis. Das Qualitätssiegel hat seit 2022 eine zusätzliche Bedeutung bekommen, da die KfW-Förderprogramme für energieeffizierten Neubau eine Zertifizierung besonders fördern.

tx chk02Abb. 2: Nachhaltigkeitsbewertung Qualitätssiegel Nachhaltiger Wohnungsbau (NaWoh)

Taxonomie-Check als Ergänzung zur NaWoh-Zertifizierung

Um das NaWoh-System noch weiter in die Breite zu tragen, hat der GdW ergänzend zum NaWoh-Qualitätssiegel einen EU-Taxonomie-Check für Wohnungsneubauten gemeinsam mit der GSF Gesellschaft für Strategie- und Finanzierungsberatung mbH entwickelt.

tx chk03Abb. 3: EU-Taxonomie mit den 6 Umweltzielen (Quelle GdW)

Der EU-Taxonomie-Check kann neben der internen Planungs- und Steuerungsfunktion auch in der Finanzierungskommunikation mit Kreditgebern eingesetzt werden. Denn ab 2023 müssen Banken offenlegen, wie nachhaltig ihre Finanzierungen im Sinne der Taxonomie sind (Taxonomiekonformität). Dazu werden Daten von den Unternehmen benötigt werden. Auf Basis dieser Daten kann dann beurteilt werden, wie hoch der Anteil der wirtschaftlichen Tätigkeiten ist, die laut Taxonomie nachhaltig sind.

tx chk04Abb. 4: Anforderungen an einen EU-Taxonomie-Check (NaWoh) (Quelle GSF)

Der Taxonomie-Check fokussiert sich analog der NaWoh-Zertifizierung auf den Wohnungsneubau und ermöglicht dem Anwender eine Selbsteinschätzung inwieweit das geplante Neubauanforderungen die Anforderungen der EU-Taxonomie erfüllt. Durch die Konformitätsprüfung wird die Vollständigkeit der Unterlagen sichergestellt. Der Aufbau des Taxonomie-Checks ist an die NaWoh-Zertifizierung angelehnt, mögliche Überschneidungen werden berücksichtigt. Ein weiterer Vorteil ist, dass durch die Einführung bestimmter Metriken der Reifegrad der Erfüllung der Taxonomie-Kriterien transparent dargestellt werden kann. Dadurch ist es bei Nichterfüllung der Anforderungen möglich, einen bestimmten Prozentsatz der Taxonomie-Konformität anzugeben und darzustellen, wo noch Nachbesserungsbedarf besteht.

tx chk05Abb. 5: Ablauf des EU-Taxonomie-Checks (NaWoh) (Quelle: GSF Hamburg)

Fazit:

Der Taxonomie-Check erweitert das Leistungsspektrum der NaWoh-Zertifizierung. Er kann entweder mit der NaWoh-Zertifizierung aber auch als „stand alone-Lösung“ beauftragt werden. Im Ergebnis stellt der Taxonomie-Check eine Service-Leistung für Wohnungsunternehmen und Banken da. Banken sollten die ersparten Kosten für Dokumentation und Drittprüfung auf Taxonomiekonformität in Form von besseren Kreditkonditionen an die Wohnungsunternehmen weitergeben.